Heiße Ecke

Schmidts Tivoli

Heiße Ecke- Der Dauerbrenner auf dem Kiez

Wenn die Pinneberger Jungs Mikie, Frane und Pitter an die Würstchenbude stürmen, dann wollen sie im Rahmen ihrer Junggesellenabschiedstour den Kiez für eine Nacht erobern. Für sie ist die Nacht noch jung und das Abenteuer zum Greifen nah, während eine junge Frau namens Lisa per Handy erfährt, dass ihr Freund sie verlassen will. Schon wittern die Pinneberger Junggesellen ihre Chance. An der Würstchenbude begegnen sich Menschen, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Auch Nadja und Silvie, die dem sündigen Gewerbe für schnelle Kontakte nachgehen und auf dem Kiez zu später Stunde mit ihren Kolleginnen ihren Dienst antreten, werden nicht nur mit den Freiern schnell intim, sondern auch untereinander mit knackigen Sprüchen. Beim Spieler Knut haben sie allerdings keinen Erfolg. Der träumt nämlich von einer schnellen Nummer am Spieltisch und von einem großen Gewinn. Seine Blicke gehen daher in eine andere Richtung, wenn er singend feststellt, dass die Sterne gut stehen. Günter und Lotte merken indessen, dass der Kiez gar nicht ihre Welt ist. Eigentlich wollten sie nur den Abend im Theater verbringen, da landen sie an der derben Würstchenbude, wo es statt cholesterinarme Speisen nur fettige Schnellgerichte gibt. Mit den Pinneberger Mädels Manu, Pedi und Claudi haben sie auch nicht gerechnet. Manu feiert ihre bevorstehende Hochzeit nach altem Brauch und drückt jedem Mann, dem sie begegnet, in ihrem feucht-fröhlichen Rauschzustand einen fetten Kuss auf. Am Würstchenstand hat man kein Verständnis für feste Bindungen. Der verlassenen Lisa erteilen die Damen vom Schnellimbiss eine Lektion mit dem Lied „Nie wieder Ti Amo“. Als Lisas Ex, der Macho Sven, beim Würstchenstand auftaucht, seine neue Freundin einlullt und bunte Pillen verteilt, feiert er die Nacht mit dem Technosong „Chicks on speed“. Hehler Henning, der auf dem Kiez seine Runden macht und Kleinkram wie Luxusartikel besorgt, kann der Nacht und der Neonlichtmeile nichts mehr abgewinnen. Auch für den lästigen Kleinkram, der ihm angeboten wird, hat er nichts mehr über. Das Treiben um ihn herum hat er längst satt und sehnt sich nach einem fernen Urlaubsparadies. Nicht mit ihrem Berufsleben, sondern mit dem Besen räumen die Jungs von der Stadtreinigung rund um den Imbiss auf. Sie berichten der unerfahrenen Elke ihre Kiezerlebnisse und amüsieren sich über ihre vermeintliche Naivität.
Viel blauäugiger sind die auf Rollen hoffenden Nachwuchskünstlerinnen, die sich am Imbiss für ihr bevorstehendes Casting stärken und von einer steilen Karriere träumen. Clubbesitzer Manni hat andere Vorstellungen vom Showgeschäft. Er betreibt ein Nachtlokal und lockt Passanten mit freiem Eintritt. Gleichzeitig will er beim Spieler Knut dessen Schulden eintreiben. Dass er es damals beim Amateurboxen nicht zum Champion brachte, regt ihn in seinem Zustand wieder einmal mehr auf. Der nicht ganz so aufgeweckte Polizist Brummer sucht seine große Liebe hinter dem Tresen der Heißen Ecke. Endlich stellt er seine Angebetete zur Rede, während bei Anbruch des Tages auch andere Nachtschwärmer ihre Abenteuer hinter sich lassen und gemeinsam in den neuen Tag starten.

Die legendäre "Heiße Ecke" als Treffpunkt der Hamburger Vergnügungsmeile zu thematisieren, ist dem Autorenteam (Buch: Thomas Matschoß) mit großem Geschick gelungen. Entsprechend kreativ sind Szenenfolgen und Liedtexte gestaltet, welche „die ersten Fritten“ genauso spielerisch in die Rhetorik einbeziehen wie das heiße Verlangen nach „noch einer Wurst“. Der kleine Imbiss ist zu jeder Stunde ein sehenswerter Schauplatz und Begegnungsort, wo Gefühlswelten aufeinanderprallen und Niveaus szenisch wie dialektisch kollidieren. Alltag spielt sich auf beiden Seiten der Theke ab in zeitlich geraffter Form. Die Figuren haben einen hohen Wiedererkennungswert, denn sie sind teilweise amüsant klischeehaft, bedienen aber auch den Typus Durchschnittsmensch in situativ komischen Momenten. Darin liegt das sehr große Potential des Stückes, das die Regie von Corny Littmann voll ausschöpft, aber auch das Ensemble mit seiner großen Dynamik in laufend wechselnden Rollen. Die Musik von Martin Lingnau zu den Texten von Heiko Wohlgemuth bewegt sich von einem Höhepunkt zum nächsten und ist konzeptionell gut durchdacht, denn sie setzt die Stimmungen von übermütig-rockig über erotisch bis romantisch klanglich gekonnt in Szene. Das fordernde „Komm Baby! Komm Baby!“ geht genauso ins Ohr wie die Bitte um Geduld mit dem passenden Titel „Gib mir noch Zeit“. „Heiße Ecke“ zeigt den Hamburger Kiez einmal ganz anders, aber auf eine sehr eindrucksvolle Weise wie es nur ein echtes Kiez-Musical vermag. Der Kiez im Miniformat mit dem Imbiss als Mittelpunkt der Vergnügungsmeile auf der Bühne des Schmidt Tivoli ist einfach ganz großes Theater. Musical-Zeitung meint: Die "Heiße Ecke" ist eine runde Sache!

Die Theater-Kartenhotline ist 31 77 88 99.